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 Chronik

 Ein Blick von der Brücke
(Bammental) 
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Autor: Arthur Miller
Regie: Andrea van Bebber, Marion Neubauer
Aufführungsort: Bammental, ev. Gemeindehaus
Zeitraum: 2004-10-22 bis 2004-10-23

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 Vorankündigung 
(Gemeinde-Nachrichten, 17. September 2004)
Wertes Theaterpublikum!
Der Sommer ist vorbei und die Theatersaison kann wieder beginnen. In den kommenden Wochen wollen wir Sie hier im Gemeindeblatt auf unsere nächste Erwachsenenaufführung, das Drama Ein Blick von der Brücke von Arthur Miller aufmerksam machen. Dazu werden wir Ihnen Woche für Woche das Stück, den Autor, die Schauspieler und alles Andere, was Sie im Zusammenhang mit unserer Aufführung interessieren könnte, vorstellen.


(Gemeinde-Nachrichten, 23. September 2004)
Das Stück
Ein Blick von der Brücke von Arthur Miller, geschrieben 1955, ist ein Drama in zwei Akten, uraufgeführt in New York, im Oktober 1955; die deutschen Erstaufführungen fanden in Berlin und Hamburg bereits im April 1956 statt.
1961 wurde Blick von der Brücke von Roberto Rossellini als Oper Uno sguardo del ponte vertont und am 11. März 1961 in Rom uraufgeführt. Die deutsche Erstaufführung der Oper fand an den städtischen Bühnen Frankfurt am Main am 7. November 1962 statt.
Verfilmt wurde das Stück in der Regie Sidney Lumets bereits 1961 unter dem Titel Vue du pont.

Den Ort der Handlung bildet ein Mietshaus im New Yorker Hafenviertel Red Hook, „einem Armutsviertel gegenüber von Manhattan, südlich der Brooklyn Bridge. Das ist der Schlund New Yorks, der die Güter aus aller Welt in sich hinein schlingt.“
Der vor Jahren aus Sizilien eingewanderte Hafenarbeiter Eddie Carbone und seine Frau Beatrice haben ihre verwaiste Nichte Catherine wie ihre eigene Tochter großgezogen. Eddie redet sich ein, sie sei noch ein Kind, täuscht sich damit aber nur über seine mehr als väterliche Zuneigung zu der Siebzehnjährigen hinweg. Aus Angst, sie zu verlieren, unterbindet er gegen den Willen seiner Frau, die ihren Mann durchschaut, jeglichen Versuch Catherines ein selbständigeres Leben zu führen.
Der unausweichliche Konflikt bahnt sich an, als zwei Vettern Beatrices aus der Heimat, die illegal in die Staaten eingewandert sind, vor dem Zugriff der Behörden bei den Carbones Unterschlupf finden: der Familienvater Marco und sein jüngerer, lebenslustiger Bruder Rodolpho. In den USA finden sie zwar Arbeit, aber keine eigentliche Aufnahme, sie leben ohne Pass und Aufenthaltserlaubnis ständig in der Angst entdeckt und abgeschoben zu werden und sind somit vom sozialen Leben ihrer Kollegen ausgeschlossen. Die Spannungen in der engen Wohnung werden unerträglich als Rodolpho und Catherine sich ineinander verlieben. Eddie, der leidenschaftlich an seiner Nichte hängt, setzt alles daran, die beiden auseinander zu bringen. Er beschuldigt Rodolpho, das in Amerikas geborene Mädchen nur heiraten zu wollen, weil er dadurch die amerikanische Staatsbürgerschaft rascher erhalten würde und bezichtigt ihn schließlich sogar der Homosexualität. Doch sein Verhalten bewirkt nur, dass Catherine sich immer enger an Rodolpho bindet und Beatrice, die die Heiratsabsichten der beiden fördert, sich ihrem Mann zunehmend entfremdet. Eddie, blind vor Eifersucht, gibt seinen aussichtslosen Kampf auch dann nicht auf, als der Anwalt Alfieri ihm erklärt, es gebe keine rechtliche Handhabe gegen die Eheschließung.
Eines Tages kehrt Eddie angetrunken nach Hause zurück, sieht Catherine und Rodolpho aus seinem Schlafzimmer kommen und jagt nach einer heftigen Auseinandersetzung Rodolpho aus dem Haus. Eddie verbietet Catherine Rodolpho zu folgen, begreift jetzt aber, dass er sie endgültig verloren hat.

Das Stück beeindruckt durch die Spannung, die immer stärker aufgebaut wird und in Bann zieht, wie durch die Echtheit seiner Charaktere, die ihr Schicksal, ihre Gefühlswelt, ihr Hoffen und Leiden dem Zuschauer eindrücklich offen legen. Erzählt wird alles vom Anwalt Alfieri, so dass die eigentliche Handlung immer wieder in Rückblicken und Erinnerungen Alfieris eingeblendet und auf der Bühne aktualisiert wird.


(Gemeinde-Nachrichten, 1. Oktober 2004)
Der Autor
Arthur Miller, 1915 in New York geboren, studierte zunächst Publizistik, später englische und amerikanische Literatur. 1936 verfasste er sein erstes Theaterstück; nach Abschluss seines Studiums 1938 schrieb Miller Hörspiele und Drehbücher. Von 1945 an lebte er in Hollywood. Aus einer Familie österreichischer Juden, die in die USA eingewandert waren, stammend und politisch nicht immer mit seiner neuen Heimat im Einklang ist Miller wie kein anderer geeignet, gesellschaftliche Missstände und Fehlentwicklungen als Themen seiner Dramen aufzugreifen. 1949 wurde er durch Tod eines Handlungsreisenden weltberühmt. Mitte der 50er Jahre wurde Miller vor das Komitee gegen unamerikanische Umtriebe des Senators McCarthy zitiert und als Kommunistenfreund denunziert. Eine wegen Aussageverweigerung gegen ihn verhängte Geld- und Gefängnisstrafe wurde später aufgehoben. 1956 heiratete er in zweiter Ehe Marilyn Monroe; für sie schrieb er 1959 das Drehbuch zu Nicht gesellschaftsfähig (1961) - dem letzten Film Monroes. In der Zeit von 1950 bis 1970 war Arthur Miller der führende amerikanische Bühnenautor. Heute lebt Miller in Connecticut und New York.
Seine Dramen, die sich stark der Stilmittel des europäischen Theaters bedienen und insbesondere in der Tradition Henrik Ibsens und Bertolt Brechts stehen, sind realistisch, zeit- und gesellschafskritisch. Dargestellt - gleichsam aufrüttelnd wie erschütternd - wird das Leben des Durchschnittsbürgers.
1949 wurde Miller mit dem Pulitzer-Dramenpreis, 1959 mit der Goldmedaille für Bühnendichtung ausgezeichnet. Arthur Miller zählt neben Tennessee Williams zum bedeutendsten Vertreter des amerikanischen psychologischen Realismus.
Hauptwerke sind Alle meine Söhne (1947), Der Tod des Handlungsreisenden (1949), Hexenjagd (1953), Blick von der Brücke (1955), Nicht gesellschaftsfähig (1961), Nach dem Sündenfall (1964) und Der Preis (1968).

Dem Autor gelingt es in Ein Blick von der Brücke gleichermaßen zu schockieren, wie anzurühren. Verurteilt man einerseits das Verhalten der Hauptfigur Eddie zutiefst, kommt man andererseits nicht umhin, Mitleid, Verständnis, ja fast Sympathie für solch einen Menschen zu empfinden, der seine Gefühle so ehrlich lebt und sich ohne Kompromisse in seiner menschlichen Schwäche ganz zu erkennen gibt.


(Gemeinde-Nachrichten, 8. Oktober 2004)
Die Gruppe
„Ein Blick von der Brücke“ wird gezeigt von einer der Erwachsenengruppen des Theatervereins Goukelkappe für diese Produktion unter der Leitung von Andrea van Bebber und Marion Neubauer. Die Schauspieler stammen größtenteils aus der letzten Produktion dieser Gruppe von 2002/2003, dem Märchenmusical „Undine“ von Jean Giraudoux unter der Regie von Waltraud Vögele und Marion Neubauer, mit der phantastischen musikalischen Bearbeitung von Robert Bittner.

In den Hauptrollen sind zu sehen:
Hannes van Bebber - (Undines Pflegevater, der Fischer Andreas aus Giraudoux, „Undine“ 2002/2003) als Eddie Carbone - ist in der kulturellen Szene Bammentals und darüber hinaus nicht nur durch seine Schauspielerei bei der Goukelkappe bekannt, sondern vielmehr durch die zahlreichen Auftritte mit der Musikgruppe „Common Ground“, die er zusammen mit seiner Frau Andrea leitet. Die Gruppe begeistert immer wieder mit englischen, irischen und jiddischen Liedern und ganz besonders mit den selbstgeschriebenen Stücken von Andrea van Bebber. In seiner ersten Rolle als Fischer Andreas in „Undine“ brillierte Hannes aber nicht nur gesanglich, sondern konnte gerade im ersten, komödiantischen Teil des Stücks beweisen, dass er auch schauspielerisch seinem Publikum voll gewachsen ist.
Die Rolle des Eddie ist die tragende Rolle im Stück. Sehr textintensiv und emotional sehr differenziert angelegt, vom hart arbeitenden Familienvater bis zum seinen Gefühlen und Leidenschaften nicht mehr mächtigen Wahnsinnigen, wird dem Darsteller hier schauspielerisch alles abverlangt.
Steffi Bittner - (Gräfin Bertha aus Giraudoux, „Undine“ 2002/2003, Gretchen aus Goethe, „Faust I“ 2001, stumme Kattrin aus Brecht, „Mutter Courage“ 1998) als seine Frau Beatrice - gehört erst seit 1998 zur Goukelkappe und ist trotzdem schon nicht mehr aus dem Verein wegzudenken. Steffi ist ein echtes Multitalent, kann singen, spielen, schminken, organisieren und seit neustem auch Regie führen, was sie im Frühjahr mit dem viel gelobten Jugendstück „Lieber doof sein“ nachdrücklich unter Beweis stellte.
Steffi Bittner zeigt als Beatrice ein neues Spektrum ihres Könnens. Glänzte sie bisher in Rollen verschiedner Typen junger Mädchen und bezauberte als Gretchen dabei sogar den Redakteur der RNZ, setzt sie sich nun in der Rolle der Beatrice mit einer Frau auseinander, die das Leben an Erfahrungen bereits reich gemacht, aber auch durch Entbehrung und Sorge gezeichnet hat. Sie trägt die eigentliche Last der Verantwortung der kleinen Familie und sie trägt schwer daran.
Carolin Jakoby (dritte Nixe aus Giraudoux, „Undine“ 2002/2003, Brenda aus La Rhue, „Die Welle“ 2001, Meerkater aus Goethe, „Faust I“ 2001) als deren Nichte und Pflegetochter Catherine - ist wenn man so will ein Kinderstar der Goukelkappe. Mit 9 Jahren stand sie im „Traumfresserchen“ von Michael Ende zum ersten Mal auf der Bühne und spielte seitdem in den Kinder- und Jugendstücken, aber auch schon mehrfach in der Erwachsenengruppe und führte im Jugendbereich bereits zwei Mal selbst Regie. Nun hat Carolin ihr Abitur gemacht und verlässt uns für einige Zeit, um ins Profilager ans Theater nach Baden-Baden zu wechseln, allerdings nicht ohne zuvor noch einen angemessenen Ausstand zu geben – in Form ihrer bisher wohl größten und anspruchvollsten Rolle, der Catherine in „Ein Blick von der Brücke.“ Hier verkörpert sie ein junges Mädchen, das sich im Laufe des Stücks vom sorglosen, lebensfrohen Teenager zur erwachsenen Frau mit aufrechter, eigener Meinung entwickelt. Dabei hat sie nicht das Glück, ihrer Kinderwelt natürlich zu entwachsen, sondern muss erleben, wie durch ihre Entscheidungen das schützende Nest ihrer Familie schließlich in sich zusammenbricht.


(Gemeinde-Nachrichten, 15. Oktober 2004)
Der Spielort
Alles hat ja so seine Tradition, so auch die Wahl des Spielortes evangelisches Gemeindehaus für unsere Erwachsenenproduktion.
Als nämlich der Theaterverein zu wachsen begann und sogar zwei Erwachsenenproduktionen pro Jahr auf die Bühne gestellt werden konnten, beschlossen wir inhaltlich, wie räumlich zu differenzieren: Die großen Komödien für ein breites Publikum aus Jung und Alt wurden in der TV-Halle zur Aufführung gebracht; die ernsteren, oft anspruchsvollen und nicht alleine der Unterhaltung, sondern auch der kritischen Auseinandersetzung dienenden Stücke liefen im evangelischen Gemeindehaus, Priestleys „Ein Inspektor kommt“ beispielsweise oder Dürrenmatts „Physiker“.
Für manche folgende Produktion, die zwar ganz gut in diesen ernsthaften Rahmen des Gemeindehauses gepasst hätte, erwies sich nun aber die Bühne als schlichtweg zu klein – so dass die Klassiker „Mutter Courage“ und „Faust“ in der Turnhalle zu sehen waren und das Gemeindehaus nur noch für unsere Kinderproduktionen genutzt wurde.
In diesem Jahr, in dem mit der großen Komödie „Der zerbrochene Krug“ von Kleist und Ayckbournes Krimi die unterhaltenden Stücke bereits gelaufen sind, wollen wir - ganz in alter Tradition – den Spielort evangelisches Gemeindehaus sozusagen neu beleben und das seriöse Ambiente nutzen, um unser Drama „Ein Blick von der Brücke“ von Arthur Miller auf die Bühne zu bringen.
Zwar wollen wir auch unterhalten, doch ist es mehr, was dieses Stück schon in sich zu bieten hat: „Es ist jetzt möglich“, sagt Arthur Miller 1955, „von einer Suche nach Werten zu sprechen – nicht aus Verbitterung, sondern mit warmherziger Umarmung der Menschheit, mit einem Gefühl dafür, dass im Grunde jeder von uns ein Opfer der falsch gesteckten Ziele ist.“ Arthur Miller stellt immer nur eine Frage: die nach dem Menschen. Miller beschreibt nicht die Armen um der Armut willen, zeigt nicht Entrechtete, um anzuklagen, Schwache, für die es Partei zu ergreifen gilt. Sein Held ist der einfache Mann von der Straße, glücklich, unglücklich, sehnsüchtig oder satt, voller Hass und verliebt, wie im „Blick von der Brücke“, dem Liebesdrama unter New Yorker Einwanderern. Miller geht es nicht mehr darum, sein soziales Drama gegen jemanden zu schreiben, sondern als Anwalt für den Menschen in unserer Zeit.