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 Chronik

 Kleines Hotel » zurück zur Gesamt-Liste 
Autor: Rex Frost
Regie: Bernd Segnitz
Uwe Lay
Aufführungsort: Bammental, ev. Gemeindehaus
Zeitraum: 2014-02-14 bis 2014-02-15

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 Kritik 
(Rhein-Neckar Zeitung, 17. Februar.2014)

Die „Goukelkappe" kann's noch
Theaterverein begeisterte nach längerer Bühnenabstinenz mit dem Stück „Kleines Hotel"

Bammental, (kaz) Wie kommt Rebecca Mannott eigentlich auf die Idee, auf der Bühne die eine oder andere Szene versemmelt zu haben? Im Stück „Kleines Hotel", das der Theaterverein „Goukelkappe" jetzt zwei Mal im evangelischen Gemeindehaus aufführte, spielt sie die Rolle der Effie überzeugend. Dies, weil sie darin umwerfend komisch ist, aber auch herzzerreißend weint. Effie, ein junges Mädchen in „Bewährungshilfe" hat gerade eine Lehre im Hotel „Zum Goldenen Löwen" begonnen und bekommt dabei allerlei gute Ratschläge vom altgedienten Kellner William (Thomas Pachunke). Etwa, wie man Gäste bei der Wahl des Essens berät oder sie dazu bringt, ein großzügiges Trinkgeld zu geben. Sätze wie „Wir haben noch Steinbutt übrig" sollten da eigentlich nicht fallen, tun sie aber.

Das Ensemble im evangelischen Gemeindehaus. Foto: kaz

Rebecca, Krankenschwester von Beruf, spielte schon als Fünfjährige bei Produktionen des Theatervereins mit und hat inzwischen auch ihren Freund Felix Flachs, Redakteur beim Saarländischen Rundfunk, in die Truppe gelotst. Er übernahm in der Inszenierung die Rolle des Hoteldirektors Henry, der das Haus zusammen mit Ehefrau Margaret (Steffi Bittner) führt. Ebenfalls neu im Ensemble: Daniel Pösl, Jugend- und Heimerzieher bei der SRH, dem die Rolle des fiesen Mr. Finch quasi auf den Leib geschneidert ist. Dieser will das Traditionshotel „neu aufmischen", alles soll moderner werden, und William daher durch Kellnerin Caroline (Carolin Mende, ohne „e") ersetzt werden. Doch da hat der Manager die Rechnung wohl ohne den Wirt beziehungsweise den Kellner gemacht.

Eine gewisse Mrs. Samson-Box (Christa Kleinbub-Dunkl), die sich als Dauergast im Hotel eingemietet hat, hat bei aller Strenge auch sympathische Seiten. Harte Schale, weicher Kern: Das gilt auch für die Köchin Mrs. Gammon, verkörpert von Eva Saalfrank. Hinter den Kulissen ist über eben diese einiges zu erfahren. Etwa, dass die kleinen Tische selbst gezimmert und gut verschraubt sind. An den Tischen nehmen zwischendurch Kurt und Kristina Lay als das Pärchen Roland und Rosemarie Platz sowie Holger Segnitz als Ausländer, der seine Bestellung mit Hilfe eines Wörterbuches aufgibt und sich von Kellner William dann doch den gebackenen Steinbutt als regionale Spezialität verkaufen lässt. Der Fisch muss weg, weshalb ihn William fernab der Küste als Süßwasserzüchtung anpreist.

Bei der „Goukelkappe" führten Bernd Segnitz und Uwe Lay Regie. Beide sind froh, dass der Verein nach mehrjähriger Pause wieder ein Theaterstück auf die Bühne brachte - und auch, dass Requisiten immer wieder verwendet werden können. Ein sogenanntes „Tarnnetz" taugte da bestens als täuschend echte Scheibe eines Rundbogenfensters. Eine leichte Schwingtür musste für die Aufführung ebenfalls her. Sie wird Kellnerin Caroline zum Verhängnis, als sie Mrs. Samson-Box ein Filetsteak servieren will. Die Mahlzeit landet nach gut einstudiertem Stolpern auf dem Boden. Für den Schwung der Schwingtür, der auch Caroline fast zu Fall bringt, sorgt Effie in Absprache mit William. Danach ist Caroline ihren Job als Kellnerin schon nach einem Tag wieder los.

„Die spielen super" lautet das Lob eines Besuchers und damit ist er nicht alleine. Bei der zweiten Aufführung am Samstag war die „Goukelkappe" übrigens restlos ausverkauft. Hinter den Kulissen waren etwa in der Maske Patricia Zimmermann, Raphaela Dörfer, Amira Bittner und Rebekka Wiedenhöfer aktiv, für das Bühnenbild sorgte neben Bernd Segnitz und Andreas Wirtherle und für die Lichttechnik Kay Leibert. Als Souffleuse saß Waltraud Vögele vor der Bühne.

Die „Goukelkappe" hatte einige Jahre keine Auftritte mehr. Nach der jüngsten Inszenierung will das Publikum aber sicher bald wieder etwas sehen.


(Gemeinde-Nachrichten, 14. März. 2014)

Theaterverein Goukelkappe spielt „Kleines Hotel"

Nach längerer Schaffenspause führte die Goukelkappe im Februar das „Kleine Hotel" von Rex Frost im Bammentaler evangelischen Gemeindehaus auf. Zwar hat der Verein mit Steffi Bittner's Gymnasiums Produktionen - das vom Land geförderte Modell nennt sich Kooperation Schule-Verein - jedes Jahr viel beachtete Produktionen auf die Bühne gebracht, aber die Erwachsenengruppen, die mit Inszenierungen wie „Mutter Courage" oder „Pygmalion" tagelang die TV-Halle füllten, waren seit über drei Jahren nicht mehr zu sehen. Man durfte also gespannt sein, ob sich die Goukelkappe wirklich zurückmelden würde oder ob das gebotene Kammerspiel nur ein Nachgesang auf die Klassik des ersten Bammentaler Theatervereins sein sollte. Das Stück von Rex Frost wurde in den 50ern geschrieben. Ein kleines Hotel, das zwar zu einer Kette gehört, aber dennoch ein sehr menschliches Eigenleben führt. In der Mitte des Handlungsnetzes der ehrwürdige und altgediente Kellner William. Für ihn, meisterlich und köstlich dargeboten von Thomas Pachunke, ist sein Beruf nicht nur Beruf, er ist seine Berufung, seine Bestimmung, sein Leben.

Zitat William: „es gibt Handwerker in unserem Beruf und Künstler. Und ein Künstler braucht gewisse Freiheiten, künstlerische Freiheiten, die man respektieren muss".

Und ausgerechnet ihm, der seine Profession so sehr liebt - wo findet man heute noch DEN Kellner, oder generell Menschen, die wissen, dass man jeden Beruf lieben und zur Meisterschaft führen und somit zum Wohle der Menschen entfalten kann - ausgerechnet ihm wird die kleine Straftäterin Effie Smith (Rebecca Mannott) als Auszubildende zur Seite gestellt, damit sie sich im Leben bewähren möge, sprich ihre Bewährungsstrafe mit der Ausbildung abarbeite: Auch kein schlechtes Modell. Und bewähren darf sie sich in diesem Hotel, weil die Besitzer, besser die Verwalter Margaret (Steffi Bittner) und Henry Pryor (Felix Flachs), eben auch menschlich und sozial denken und nicht im Sinne der übergeordneten Hotel-Kette effizient, rational und wissentlich unmenschlich. Ganz in diesem Sinne gibt es da auch noch die barock-forsche Köchin Mrs. Gammon (Eva Saalfrank), ein altgedientes und genau wie William mit allen Wassern gewaschenes Individuum, das sich von niemandem etwas sagen lässt, und schon dreimal nicht, wenn es um Küche und Essen geht.

Dieser liebevoll gezeichnete innere Personenkreis des Kleinen Hotels, ein Häuflein glücklicher und gutmütiger Schafe, wenngleich dann und wann mehr schwarz als weiß, wird nun bedrohlich umrahmt und eingekreist von finsteren Wölfen:

Zum einen wäre da Mrs. Samson-Box, der nervige Dauergast des Hotels, Jugendrichterin(!) und korinthenkackende Querulantin, der nichts recht ist, es sei denn es kommt vom Kellner William. (Anm.: Wer da war, der weiß, sie liebt ihn, und unter uns, ein Jahr nach Ende der Handlung haben die beiden geheiratet.)


Aber noch viel bedrohlicher für die Belegschaft des Kleinen Hotels ist die Kette, die Hotel-Kette. Menschlichkeit ist Zeitverschwendung, Effizienz ist das Motto der London-Hotel-Company. Diese die Idylle bedrohenden Gewitterwolken werden trefflich verkörpert von Charles Finch (Daniel Pösl) und seiner mitgebrachten „Kellnerin des Jahres" Caroline Mallet alias Carolin Mende. Nun treten sie gegeneinander an, Henry Pryor, der Hotelchef, gegen Charles Finch, den Bezirkschef der London-Hotel-Company. Die Kellnerin des Jahres, zickig, überheblich und von nervender Perfektion gegen den Kellner-Altmeister William.

Die Regie hat sich wirklich etwas einfallen lassen: Hotelchef versus Bezirkschef: Zwei nicht gerade zierliche, nicht mal vollschlanke, nein, zwei Bären, Riesenkerle, schauspielerisch absolut perfekt, in Anzüge gesteckte Ringer, die, wenn sie die Bühne besetzen, die tollpatschige Bewährungskellnerin Effie geradezu zu zerquetschen drohen. Die wiederum, wie bereits erwähnt, sich gegen ihre Bewährungsrichterin behaupten muss, der sie - wie auch anders zu erwarten - nichts recht machen kann. Und wenn sie sich dann auch noch mit einer Kippe und Alkohol erwischen lässt... Chaos pur! Das Kleine Hotel mit seiner ach so menschlichen Besatzung droht zu scheitern und zur anonymen Massenunterkunft der London-Hotel-Company zu werden.

Es ist in der Tat verwunderlich, dass das Stück in den 50ern geschrieben wurde. Die aktuellen Zeitbezüge sind frappant. Gerade wo heute individuelle Hotels gegen anonyme Internet-Maschinen kämpfen, wo alles auf seltsame Weise mit Individualität wirbt und doch immer gleicher und unpersönlicher wird.


Stellenweise war es wirklich gut zu wissen, dass man eine Komödie sieht und keine Tragödie. Es musste ja also gut ausgehen. Aber wer sollte den Knoten entwirren? Kellner William selbstverständlich, der Meister seiner Fächer: Kellnern, Lenken und Leiten. Er hat von Anfang an, wie man schließlich bemerkt, alles unter Kontrolle. Als Kellner darf man die Gespräche seiner Gäste nicht hören, so sein anfängliches Credo an seine junge, perfekt naiv gespielte Adlatin Effie. Gleichzeitig aber lauscht man allen Gesprächen seiner Gäste, damit man weiß, wann es gut ist, zu erscheinen, zu servieren oder geeignet zu agieren. Ein Widerspruch? Nicht für den alten William. Er gehorcht einer höheren Logik, der „Meister Deines Faches'-Logik, die „Alles hören" und „Nichts hören" bravourös miteinander verbinden kann. So lässt er vordergründig den Dingen ihren Lauf, kündigt sogar, bevor Mr. Pryor ihn auf Drängen des Bezirkschefs schweren Herzens hätte seinerseits kündigen müssen. William steuert letztendlich aber die ganze Geschichte souverän zum Happy End. Der Kellnerin des Jahres etwa erklärt er, dass man der Jugendrichterin einfach zeigen müsse, wer hier das Sagen hätte. Eine Anleitung, die das Publikum im zweimal ausverkauften Haus nicht mehr aus dem Lachen kommen ließ. Wer will der vor Selbstbewusstsein strotzenden Jugendrichterin Mrs. Samson-Box (von Christa Kleinbub-Dunkl so überzeugend dargestellt, dass manch einer Sorge hatte, das könne doch gar nicht mehr gespielt sein) den Schneid abkaufen? Der fulminante Abgang von Ms. Caroline Mallet ist Commedia Dell Arte. Da fliegen Schnitzel durch den Raum, der Jugendrichterin wird ein Fisch serviert, der angeblich eigentlich schon der Katz gehörte und schließlich flieht die Kellnerin des Jahres fluchend und kreischend in eine Migräne und gleichsam von dannen und der Bezirkschef gleich hinterher. Die Jugendrichterin wechselt zu den Guten - sprich sie erzieht die straffällige Effie nunmehr gemeinsam mit Kellner William und alles ist gut!


Alles ist gut? Ja alles ist gut! In der Tat: Die Goukelkappe kann's noch! Perfektion war bis in die kleinsten Nebenrollen zu spüren. Etwa der radebrechende französische Gast, gespielt von Holger Segnitz, der seine Bestellvorgänge über's Wörterbuch zusammenstellt, komplett falsch und sehr zur Erheiterung des Publikums, natürlich antizipiert Kellner William das Gemeinte meisterhaft. Jetzt wissen wir, woher die Idee für eine bayrische Bierwerbung stammt. Oder das Ehepaar Rosemarie und Roland, gespielt von Kurt Lay und seiner Tochter Kristina, die eine von William vorher skizzierte Szene „Er will ihr imponieren" darbieten, Herrschaften von Welt spielen und sich dennoch ohne Benimm-Ahnung unwissentlich blamieren und schließlich, wie von William ebenfalls beschrieben, mit hohem Trinkgeld büßen. Alles in allem eine meisterhafte Regie-Leistung von Uwe Lay und Bernd Segnitz. Die teilweise Jongleur-artigen Abfolgen auf der Bühne liefen glatt und ohne langes Warten. Man konnte sich am Komödienspektakel erfreuen, ohne für die Akteure zittern zu müssen.

Quintessenz: Einfach gelungen, ganz großes Kino, bzw. Theater! Hoffen wir auf eine Wiederholung, hoffen wir auch, dass die Goukelkappe jetzt wieder am Ball bleibt. Aber wem sag ich das ?
(MM)