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 Chronik

 Die fremde Stadt
(Bammental) 
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Autor: John B. Priestley
Regie: Irmela Müller-Wulff
Christel Herold-Mende
Aufführungsort: Bammental, TV-Halle
Zeitraum: 1997-02-28 bis 1997-03-01

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 Kritik 
(Gemeinde-Nachrichten, 21. März 1997)

Die fremde Stadt
Utopia und zurück in Bammental
Wenn die „Goukelkappe"-Truppe in ihre schmucke Spielstätte bittet, dann wird die Bammentaler TV-Halle zur „Theaterverein"-Halle. Man wähnt sich wirklich in einem Musenhaus statt in der Turnhalle. Wird hier überhaupt je geturnt? Aber bei allem Komfort — Barbetrieb inklusive — darf das stets zahlreich erscheinende Publikum nicht unbedingt leichte Kost erwarten. Jetzt brachte der Theaterverein zum zweiten Mal ein Werk des sozialistisch-spiritualistischen Autors John B. Priestley, nach „Ein Inspektor kommt" nun „Die fremde Stadt" aus dem Jahr 1943. Das Stück spielt vor dem Eingangstor einer surreal-utopischen Stadt. Von der Handvoll Personen, die auf rätselhafte Weise dorthin geraten sind, wird nach kurzem Besuch keine in diesem Paradies mit Fragezeichen bleiben; bis auf die bescheidene Mutter Batley (entrückt-konzentriert: Waltraud Vögele) zieht es alle in unsere unvollkommene Welt zurück — überraschenderweise auch den tu-nichtguten Proletarier Joe, den das Erlebnis der fremden Stadt zum Botschafter einer besseren Welt wandelt. Die heikle Rolle meistert Michael Mende bühnenbeherrschend-schalkhaft von Anfang bis Ende, so daß Heide Beck als Barfrau Alice von Beginn an nur das Mitspielen bleibt. Oder kann es Zweifel geben an der Knuddeligkeit des tätowierten Tausendsassa, kann da etwas anderes sein als Harmonie? Der Text, wo er Konflikte nahelegt, wird phantastisch in den Wind geschlagen, wir sind's zufrieden. Ganz anders ist das zweite Paar angelegt: Der schüchterne Bankangestellte Malcolm (Tim Leibert mit Bände sprechender Leidensmine) wird von seiner Dorothy beherrscht und gesteuert. Beeindruckend die Energieleistung, mit der Verena Bosch die furiose Xanthippe gibt. Der Zuschauer beobachtet beklommen, wie der brave Malcolm nach mutigem Coming-Out-Intermezzo dann doch mit der besänftigten Gemahlin heimkehrt — kann dieser Vulkan wohl je erloschen sein... Zwei köstliche Charaktermasken geben Kay Leibcrt als Cudworth, rühriger Geschäftsmann aus dem utilitaristischen Bilderbuch, und Uwe Lay als herrlich bornierter und blasierter Aristokrat. Er spielt den Sir George wie schon in Golfhosen zur Welt gekommen — oder sind es Knickerbocker? (Kostüme: Anne-Dorothee Wüst). Verständlich die Anziehungskraft, die dieser Blaublütige auf Lady Loxfield ausübt — ganz Mutter der höheren Tochter: Valerie Bosch. Eben-diese Tochter, Philippa, ist hin- und hergerissen zwischen gesellschaftlichen Idealen und realer Gesellschaft, zwischen der besseren und der bösen Welt. Helen Kleinschmidt gelingen jenseits mancher Konstruiertheit dieses eigentümlichen Stücks immer wieder Augenblicke beseelten Theaters, die in Erinnerung bleiben. Das Publikum war dankbar für eine starke Ensembleleistung, die es der Regie von Irmela Müller-Wulff und Christel Herold-Mende verdankte.
(Thomas Pachunke)